Betriebsbedingte Kündigung
Vorgaben des Arbeitsrechts zur betriebsbedingten Kündigung
Sie haben als Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung erhalten oder Sie planen als Arbeitgeber und Unternehmer den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen?
Nachstehend finden Sie einige Informationen rund um die betriebsbedingte Kündigung, u.a. wann eine betriebsbedingte Kündigung zulässig ist und was Sie als betroffener Arbeitnehmer beachten sollten.
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) können Kündigungen entweder aus personenbedingten Gründen (Hauptfall ist hier die krankheitsbedingte Kündigung), aus Gründen die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen (Verstöße gegen vertragliche Pflichten durch steuerbares Fehlverhalten) oder als betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden. Außerhalb des Anwendungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes sind, von gesetzlich geregelten Fällen abgesehen, Kündigungen grundsätzlich nicht begründungspflichtig. D.h. es sind grundsätzlich neben der ohnehin zu wahrenden Schriftform als Ausgangswirksamkeitserfordernis meist nur die maßgeblichen Kündigungsfristen zu beachten.
Eine betriebsbedingte Kündigung ist eine Kündigung, die auf einem betrieblichen Kündigungsgrund basiert. Dieser betriebsbedingte Kündigungsgrund kann aus dem Unternehmen selbst heraus kommen (innerbetriebliche Gründe), er kann aber auch von außen auf das Unternehmen einwirken (außerbetriebliche Gründe).
Typische innerbetriebliche Gründe sind Rationalisierungsmaßnahmen aller Art, Verringerungen der Produktion oder gar die vollständige Einstellung der Herstellung. Typische außerbetriebliche Umstände bestehen häufig im Mangel an Aufträgen oder im Rückgang von Umsätzen, durch den Wegfall großer Kunden Marktschwäche, wirtschaftlich schwieriges Umfeld etc.
Begründungspflicht nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist eine Kündigung sozial zu rechtfertigen, d.h. der kündigenden Arbeitgeber muss einen der in § 1 Kündigungsschutzgesetz genannten Kündigungsgründe anführen können und die Kündigung insoweit sozial rechtfertigen können.
Die betriebsbedingte Kündigung ist die in der Praxis mit Abstand am häufigsten vorkommende Kündigung von Arbeitsverhältnissen im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes. Für sie gilt zunächst – wie für sämtliche Kündigungserklärungen –, dass sie schriftlich ausgesprochen und erklärt werden sowie dem Empfänger zugehen muss. Anders als beispielsweise bei der Verhaltenskündigung bedarf es grundsätzlich keiner vorherigen Abmahnung.
Charakteristisch für die betriebsbedingte Kündigung ist, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund betrieblicher Erfordernisse erfolgt, die einer Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers entgegenstehen.
Voraussetzung ist in jedem Fall, dass das Kündigungsschutzgesetz auf das jeweilige Arbeitsverhältnis überhaupt Anwendung findet. Maßgeblich ist dafür zunächst, dass das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Erforderlich ist zudem, dass in der Regel zehn oder mehr in Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer in dem maßgeblichen Betrieb beschäftigt werden.
Soziale Rechtfertigung
Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, ist eine Kündigung zu begründen, um sie sozial zu rechtfertigen (§ 1 Abs 1 KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz bietet insofern drei Gründe für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung an. Zum einen kann es sich um Gründe handeln, die in der Person des Arbeitnehmers oder in dessen Verhalten liegen. Die weitaus größte Anzahl von Kündigungen wird jedoch als „betriebsbedingt“ ausgesprochen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Kündigung mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, z. B. einem massiven Auftragsrückgang oder innerbetrieblichen Umstrukturierungen, z. B. Wegfall ganzer Hierarchie-Ebenen etc., zu begründen sucht.
Welche Voraussetzungen gelten für eine betriebsbedingte Kündigung?
Es müssen für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Vorliegen betrieblicher Erfordernisse
Es müssen zunächst sog. betriebliche Erfordernisse bestehen, welche dazu führen, dass in der Person des gekündigten bzw. zu kündigenden Arbeitnehmers ein Arbeitskräfte-Überhang besteht. Das heißt, die betrieblichen Erfordernisse müssen dazu führen, dass der Bedarf an Arbeitsleistung geringer wird. Beispiele hierfür können sein der Wegfall von Funktionen (z. B. Schließung einer bestimmten Abteilung oder einer Filiale oder aber auch die Veränderung von Arbeitsprozessen, die dazu führt, dass bestimmte Arbeitsschritte oder -aufgaben im Unternehmen wegfallen.
Dringlichkeit
Nicht jedes betriebliche Erfordernis reicht aus, um eine betriebsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen. Vielmehr müssen die betrieblichen Erfordernisse „dringend“ sein (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KschG). Nach der Rechtsprechung ist diese weitere Voraussetzung dann erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen (z. B. technische, organisatorische oder wirtschaftliche) zu entsprechen und sich nach der betrieblichen Lage die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Sicht des Arbeitnehmers als unvermeidbar darstellt.
Dies ist Ausprägung des im Kündigungsschutz allgemein geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wonach sich jede Kündigung als letztes Mittel, namentlich als so genannte ultima ratio, darstellt. Ob die zur Kündigung vorgetragenen betrieblichen Erfordernisse dringend sind, ist also auch anhand des Maßstabes der Verhältnismäßigkeit zu ermitteln.
Für den Arbeitgeber bedeutet das, dass das Kriterium der Dringlichkeit der betrieblichen Erfordernisse ihn daran hindert, bereits wegen lediglich geringfügiger Schwankungen des Personalbedarfs eine wirksame Kündigung auszusprechen. Gegebenenfalls bietet sich dem Arbeitgeber hier auch ein gegenüber der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses geringeres, das heißt weniger einschneidendes Mittel an, um der wirtschaftlichen Situation gerecht zu werden (z. B. durch die Einführung von Kurzarbeitsmaßnahmen).
Sozialauswahl
Gemäß § 1 Abs. 3 KSchG ist eine Kündigung, die aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochen wird, unter Umständen dennoch sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des gekündigten bzw. zu kündigenden Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Dies bezeichnet die sog. Sozialauswahl.
Die Sozialauswahl ist bei allen betriebsbedingten Kündigungen vorzunehmen. Modifizierungen werden für den Bereich in gesonderter Regelung durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, namentlich Interessenausgleiche, geregelt. Eine Sozialauswahl ist auch bei Massenentlassungen zu beachten. Hier können große praktische Schwierigkeiten bei der Vergleichbarkeit der betroffenen Arbeitnehmer auftreten, wenn einzelne Abteilungen geschlossen und andere fortgeführt werden. Das Bundesarbeitsgericht schreibt dazu vor, dass der Arbeitgeber zunächst ermitteln muss, wie viele Arbeitnehmer der unterschiedlichen Qualifikationsstufen in der fortgeführten Betriebsabteilung ausgetauscht werden könnten, ohne dass dadurch der Arbeitsprozess ernsthaft gefährdet werde. Entsprechend dieser vom Arbeitgeber zu ermittelnden Anzahl der in jeder Qualifikationsstufe austauschbaren Mitarbeiter seien diejenigen zu bestimmen, die sozial am wenigsten schutzbedürftig seien und deshalb für eine Kündigung am ehesten in Betracht kämen. Die Sozialauswahl gibt es dabei nur bei der betriebsbedingten Kündigung, wobei auch die betriebsbedingte Änderungskündigung mit einzubeziehen ist.
Sind mehrere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Umsetzung der Unternehmerentscheidung betroffen, so hat, sofern die betroffenen Arbeitnehmer nach Art ihrer Tätigkeit vergleichbar sind, eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KschG stattzufinden. Dabei kommt es darauf an, ob auch andere Arbeitnehmer, die der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts auf entsprechende Stellen umsetzen könnte, mit in die Sozialauswahl einzubeziehen sind. Das heißt, in einer solchen Situation ist zunächst einmal festzustellen, welche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen miteinander vergleichbar sind. Die Versetzungsmöglichkeiten nach den individuellen arbeitsvertraglichen Bestimmungen sind hierbei zu berücksichtigen.
Ist die Gruppe der miteinander vergleichbaren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen festgelegt, so hat der Arbeitgeber zwischen diesen eine soziale Auswahl zu treffen, deren Kriterien in § 1 Abs. 2 KschG näher gehend definiert sind. In § 1 Abs. 3 KschG sind als Kriterien für die Auswahl die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderungen eines Arbeitnehmers zu berücksichtigen.
Die Gründe, die der Arbeitgeber bei seiner Sozialauswahl berücksichtigt hat, sind auf Verlangen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber anzugeben. § 1 Abs. 3 Satz 2 KschG stellt klar, dass in die soziale Auswahl Arbeitnehmer nicht einzubeziehen sind, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt, so genannte Leistungsträger-Regelung. Finden sich zu den betroffenen Arbeitnehmern keine vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so ist die Durchführung einer Sozialauswahl unnötig. Die Pflicht zur Sozialauswahl besteht nur, wenn es mehr miteinander vergleichbare, für die Kündigung in Betracht kommende Arbeitnehmer als wegfallende Arbeitsplätze gibt. Auch bei einer Betriebsschließung, von der sämtliche Arbeitnehmer eines Betriebes durch Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse betroffen sind, ist keine Sozialauswahl vorzunehmen.
Eine Sozialauswahl ist auch dann nicht möglich und daher nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen einen Arbeitnehmer kündigt, den er gemäß Arbeitsvertrag nur auf einem ganz speziellen Arbeitsplatz einsetzen kann, so dass er keine Berechtigung hat, ihn per Weisung auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. Für Arbeitgeber ist hier jedoch Vorsicht geboten, da die Arbeitsgerichte das Versetzungsrecht des Arbeitgebers teilweise recht weit reichend definieren. Ist der Arbeitgeber nach den arbeitsvertraglichen Bestimmungen in der Lage, einen Arbeitnehmer zu versetzen, so muss er dies auch zur Vermeidung einer Kündigung grundsätzlich als milderes Mittel in Betracht ziehen und umsetzen. Auch hier ist grundsätzlich die Möglichkeit von Einarbeitungszeiten zum Einsatz auf anderen Arbeitsplätzen zu berücksichtigen. Zu beachten ist auch, dass das Bundesarbeitsgericht erst jüngst festgestellt hat, dass sogar die ausdrückliche vertragliche Festlegung eines Beschäftigungsortes nur den Ort der erstmaligen Arbeitsaufnahme bezeichnen kann, das heißt das Versetzungsrecht des Arbeitnehmers nicht beschränkt.
Erfordernis für einen Personalabbau ist stets eine Unternehmerentscheidung
Grundlage einer jeden betriebsbedingten Kündigung muss eine entsprechende Entscheidung des kündigenden Arbeitgebers sein (sog. Unternehmerentscheidung).
Arbeitgeber, die den Ausspruch betriebsbedingter Kündigung planen, sollten daher bereits im Vorfeld stets die Begründung dieser Kündigung für einen möglichen späteren Kündigungsschutzprozess optimal vorbereiten.
Zur Begründung der durch ihn erklärten Kündigung muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess Tatsachen vortragen können, aus denen zu schließen ist, dass eine unternehmerische Entscheidung durch ihn getroffen und tatsächlich realisiert worden ist bzw. dass aufgrund der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung bei vernünftiger betriebswirtschaftlicher Betrachtung davon auszugehen ist, dass diese zum Zeitpunkt der vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses realisiert wird. Das Bundesarbeitsgericht spricht davon, dass die Unternehmerentscheidung „greifbare Formen“ angenommen haben muss.
Pauschale Einlassungen wie „Umsatzrückgang“ reichen nicht aus, um eine als betriebsbedingt ausgesprochene Kündigung wirksam begründen zu können. In einem Kündigungsschutz-prozess ist der Arbeitgeber vielmehr verpflichtet, konkret darzulegen, dass er eine entsprechende Unternehmerentscheidung getroffen und diese auch tatsächlich umgesetzt hat. D.h. er muss darlegen und im Bestreitensfall auch beweisen können, dass er sich wegen des Umsatzrückgangs zu einem Personalabbau in einer bestimmten Größenordnung in bestimmten Betriebsabteilungen bzw. Hierarchieebenen oder zum Wegfall bestimmter Positionen / Funktionen im Betrieb entschieden hat. Dabei muss der Arbeitgeber dem Arbeitsgericht darlegen können, wie er die verbleibenden Arbeitsaufgaben künftig erledigen lassen will und auch darlegen können, welcher Arbeitnehmer zukünftig welche Tätigkeiten ausführen werden.
Außerbetriebliche oder Innerbetriebliche Gründe
In der Praxis ist zwischen unterschiedlichen Formen der Unternehmerentscheidung zu differenzieren. Zum Einen spricht man von der so genannten selbstbindenden Unternehmerentscheidung. Bei dieser wird auf außerbetriebliche Gründe abgestellt, welche den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung erforderlich machen. Der Arbeitgeber begründet seine Kündigung in diesen Fällen als zwangsläufige Folge einer betrieblichen Anpassung an die Auftragslage (z. B. Auftragsrückgang um mehr als 40 %). In diesen Fällen muss der Arbeitgeber darlegen, dass ein außerbetrieblicher Grund tatsächlich und in dem von ihm behaupteten Umfang vorliegt, dass dieser Grund sich unmittelbar zwingend unter Beachtung der betrieblichen Gegebenheiten auf die Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb auswirkt und dass nur solche Arbeitnehmer in die betriebliche Auswahl einbezogen worden sind, die arbeitsver-traglich aktuell an die wegfallenden Beschäftigungsmöglichkeiten gebunden sind.
Das heißt, es muss die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen, die in dem fraglichen Bereich aktuell im Betrieb beschäftigt sind. Der Arbeitgeber will dann die Arbeitnehmer kündigen, die von dem außerbetrieblichen Ereignis unmittelbar erfasst werden. Es kann gerade in größeren Betrieben, die über entsprechende komplexere Unternehmensstrukturen verfügen, durchaus schwierig darzulegen sein. Insbesondere wenn sich die Inhalte der einzelnen Arbeitsverträge der beschäftigen Arbeitnehmer nach der Art der zu verrichtenden Tätigkeit unterscheiden, ist der Arbeitgeber gehalten, die außerbetrieblichen Gründe erst durch andere Maßnahmen umzusetzen, die sich dann auf die Beschäftigungsmöglichkeiten auswirken.
Die andere grundsätzliche Form der Unternehmerentscheidung ist die sog. gestaltende Unternehmerentscheidung. Das heißt, der Arbeitgeber entscheidet selbst, wie mit welcher Personaldichte er seinen Betrieb führen will. Hintergrund kann beispielsweise das Bestreben sein, eine unrentable Betriebsstruktur zu verändern (z. B. Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen, Streichung von Hierarchie-Ebenen usw.).
Ein typischer Fall für eine so genannte gestaltende Unternehmerentscheidung ist der Entschluss, Betriebsabteilungen oder gar den gesamten Betrieb stillzulegen. In einem solchen Fall ist der Arbeitgeber gehalten darzulegen, dass und welchen unternehmerischen Entschluss er gefasst hat und dass er den Entschluss umgesetzt hat. Er hat weiter darzulegen, wie sich die Umsetzung des durch ihn gefassten Entschlusses unter Berücksichtigung der Betriebs- und Vertragsfaktoren auf die Beschäftigungsmöglichkeiten auswirkt. Auch hier verlangt die Rechtsprechung, dass die Durchführung der unternehmerischen Entscheidung greifbare Formen angenommen haben muss.
Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Die arbeitgeberseitig zur Begründung angeführten Umstände bzw. die Umsetzung der durch den Arbeitgeber getroffenen Unternehmerentscheidungen müssen dazu führen, dass es in der Person des gekündigten Arbeitnehmers zu einem Arbeitskräfteüberhang kommt. Das heißt, die Gründe, die die Kündigung rechtfertigen sollen, müssen einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen. Dies ist auch dann maßgebliches Kriterium, wenn beispielsweise ein Betriebsrat oder eine zuständige Personalvertretung einer Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers auf einem freien Arbeitsplatz widersprochen hat. Es kommt auf die faktische fehlende Möglichkeit der Weiterbeschäftigung an.
Das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss das arbeitnehmerseitige Interesse an der Weiterbeschäftigung überwiegen.
Bezüglich der Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz geht das Gesetz von einem Unternehmensbezug und nicht von einem Konzernbezug aus. Andere Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb eines Unternehmens sind nur dann relevant, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit hat, gegenüber dem Drittunternehmen die Weiterbeschäftigung durchzusetzen oder er sich dazu durch Selbstbindung verpflichtet hat. Insofern kommt es maßgeblich auf den Inhalt des Arbeitsvertrages des betroffenen Arbeitnehmers an, welcher insofern eine sehr weit reichende Versetzungsmöglichkeit beinhalten müsste, um einen Konzernbezug herstellen zu können. Dies ist selten der Fall.
In keinem Fall jedoch reicht es für die Annahme einer unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht aus, wenn die Entscheidung über die Aufnahme des Arbeitnehmers dem aufnehmenden Unternehmen vorbehalten ist. Die entsprechende Weisungsberechtigung des Vertragsarbeitgebers müsste sich aus dem Arbeitsvertrag ersehen lassen.
Bei der Bewertung, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht, kommt es ausschließlich darauf an, ob es einen den Qualifikationen und der beruflichen Aus- und Vorbildung des betroffenen Arbeitnehmers entsprechenden freien Arbeitsplatz gibt. Das heißt, der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen freien Arbeitsplatz zu schaffen; dieser muss vielmehr bereits bestehen.
Der Arbeitnehmer hat insoweit keinen Anspruch auf die Einrichtung neuer oder Schaffung freier Arbeitsplätze. Aber auch hier ist das Kriterium der Missbrauchskontrolle zu beachten. Hat beispielsweise ein Arbeitgeber treuwidrig vorgezogen freie Stellen neu besetzt, um so das Kriterium der fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu konstruieren, kann er sich hierauf nicht berufen. Hier kommt es jedoch wie stets auf den Einzelfall an.
Als frei sind solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung tatsächlich zur Besetzung anstehen oder bei denen bei Ausspruch der Kündigung der Arbeitgeber mit hinreichender Sicherheit vorhersehen kann, dass ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (z. B. durch Ausscheiden eines anderen Arbeitnehmers aus Altersgründen) zur Verfügung stehen wird oder wenn bereits zum Zeitpunkt der Kündigung feststeht, dass in absehbarer Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist ein Arbeitsplatz frei wird, sofern dem Arbeitgeber die Überbrückung des Zeitraums zwischen dem an sich nach Vertrag vorgesehenen Beendigungszeitpunkt und dem Freiwerden des anderen Arbeitsplatzes zumutbar ist. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Zumutbar ist in jedem Fall eine Zeitspanne, die ein anderer Arbeitnehmer zur Einarbeitung benötigen würde.
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Kündigungserklärung
Für das Kündigungsrecht gilt der Grundsatz, dass die Tatsachen, welche die Kündigung begründen sollen, zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vorliegen müssen.
Da es auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung ankommt, ob eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist, und unter Umständen aufgrund der Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung davon auszugehen ist, dass diese zum Zeitpunkt der vorgesehenen Beendigung realisiert wird, beurteilt das Gericht in einem Fall, in dem die Regelung erst auf einen zukünftigen Zeitpunkt erfolgt, aufgrund einer entsprechenden Prognose, ob die vom Arbeitgeber behaupteten Umstände den Schluss zulassen, zum Kündigungstermin bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den gekündigten Arbeitnehmer. Eine solche Prognose-Entscheidung kann das Arbeitsgericht jedoch nur auf einer hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage treffen, für die der Arbeitgeber die volle Beweis- und Darlegungslast trägt.
Je größer der Zeitraum zwischen Kündigung und Vollzug der behaupteten Unternehmer-Entscheidung ist, desto unsicherer wird jedoch die Beurteilung, ob der Beschäftigungsbedarf mit Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich entfallen wird. Dies kann sogar dazu führen, dass die verfrühte Erklärung einer Kündigung deshalb rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn dem Arbeitnehmer hierdurch der Vortrag zu anderen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten praktisch unmöglich gemacht wird. Allein die Ungewissheit, ob ein Auftrag fortgeführt wird, reicht deshalb für eine betriebsbedingte Kündigung des mit der Erledigung des Auftrages betroffenen Arbeitnehmers nicht aus. Hier zieht sich wiederum die Parallele zu geringfügigen Personalschwankungen, die keine dringenden betrieblichen Erfordernisse darstellen, welche eine als betriebsbedingt ausgesprochene ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen können.
Da eine Kündigung nur von den Umständen begründet wird, die zum Zeitpunkt ihres Ausspruches vorlagen, sind nur die Unternehmerentscheidungen geeignet, eine Kündigung zu begründen, die zu diesem Zeitpunkt bereits vorlagen oder sich in Umsetzung befanden.
Nach welchem Maßstab erfolgt eine Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung?
Ob die unternehmerische Entscheidung wirtschaftlich sinnvoll ist, wird durch das Gericht nicht überprüft. Dies ist gerade Inbegriff der Unternehmerentscheidung: Es ist Sache des Arbeitgebers, seinen Betrieb nach den aus seiner Sicht sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen zu führen. Lediglich offensichtlich sachfremde oder willkürliche Entscheidungen tragen nicht.
Obgleich die Arbeitsgerichte nicht überprüfen, ob eine Unternehmerentscheidung, die betrieblich umgesetzt wurde, wirtschaftlich sinnvoll ist, namentlich auch nicht überprüfen, ob die durch eine Kündigung zu erwartenden Vorteile in einem vernünftigen Verhältnis zu den Nachteilen stehen, unterliegt die Unternehmerentscheidung einer Rechtskontrolle. Das heißt, organisatorische, technische und wirtschaftliche Unternehmerentscheidungen, die sich konkret nachteilig auf die Einsatzmöglichkeiten des gekündigten Arbeitnehmers auswirken, müssen in jedem Fall gesetzeskonform sein.
Eine Unternehmerentscheidung ist zum Beispiel dann gesetzeswidrig und damit nicht geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie zu einer rechtswidrigen Benachteiligung der im Betrieb verbleibenden Arbeitnehmer führt. Ebenso dürfen Unternehmerentscheidungen nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung des Arbeitnehmers führen. Hier kann sich die unternehmerische Entscheidung nach § 7 Abs. 1 AGG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG als unwirksam darstellen und damit die betriebsbedingte Kündigung nicht sozial rechtfertigen. Es sei denn, eine solche mittelbare Diskriminierung ist durch rechtmäßige Ziele, wie z. B. die möglichst optimale Erledigung der anfallenden Aufgaben, gerechtfertigt. Zudem ist ein Arbeitgeber bei seiner unternehmerischen Entscheidung an die Regelungen eines für ihn bindenden Tarifvertrages gebunden.
Im Übrigen unterliegen Unternehmerentscheidungen einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich erfolgt sind. Der Arbeitgeber darf seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit z. B. nicht dazu missbrauchen, unliebsamen Arbeitnehmern betriebsbedingt zu kündigen. Die Unternehmerentscheidung kann beispielsweise dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn es ihr alleiniges Ziel ist, einen bestimmten Arbeitsplatz wegfallen zu lassen und den Inhaber dieses Arbeitsplatzes betriebsbedingt zu kündigen, ohne dass damit ein wirtschaftlicher Erfolg verbunden wäre. Allerdings ist bei der Missbrauchskontrolle zu beachten, dass die Arbeitsgerichte bestimmte getroffene Fakten nicht in die alte Lage zurückversetzen können. Ist also aufgrund einer offensichtlich unvernünftigen Unternehmerenscheidung ein Betrieb tatsächlich geschlossen worden, so bestehen keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr. Durch die Arbeitsgerichte kann der Unternehmer nicht zur Fortführung eines von ihm geschlossenen Betriebes gezwungen werden.
Die Stilllegung des Betriebes bzw. Betriebsschließung ist insofern der durchgreifendste Grund für eine betriebsbedingte Kündigung.
Voller gerichtlicher Überprüfung unterliegen jedoch die Umstände der Umsetzung der Unternehmerentscheidung. Die Arbeitsgerichte überprüfen diese unter dem Gesichtspunkt der Sachlichkeit (d. h. der Einhaltung der Vertrags- und Betriebsfaktoren) und der dringenden Erforderlichkeit in vollem Umfang. Der Arbeitgeber ist also gehalten, genau darzulegen, wie sich die Umsetzung seiner Unternehmerentscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten ausgewirkt hat. Hat der Arbeitgeber beispielsweise eine selbstbindende unternehmerische Entscheidung getroffen, überprüft das Arbeitsgericht, ob die Umstände, an die er seine Entscheidung gebunden hat, tatsächlich vorliegen.
Handlungsempfehlung bei drohender betriebsbedingter Kündigung aus Arbeitnehmersicht
Insofern empfiehlt es sich, gerade bei drohenden betriebsbedingten Kündigungen für den Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber gegenüber die Bereitschaft zu bekunden, Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zum Zwecke der Erlangung der Fähigkeiten zum Einsatz auf einem anderen freien Arbeitsplatz durchzuführen.
ie Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bezieht sich indes nur auf vergleichbare Arbeitsplätze. Das heißt, es kommt auf die berufliche Qualifikation und die tatsächliche Ausführung von Tätigkeiten im Arbeitsverhältnis an. Indes sind auch solche Arbeitsplätze zu berücksichtigen, deren Anforderungen ein betroffener Arbeitnehmer erst nach einer angemessenen Einarbeitungszeit genügen kann. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich in jedem Fall, Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen in Betracht zu ziehen, um gegebenenfalls noch in einem zumutbaren Zeitrahmen die Qualifikation und fachliche Fähigkeiten für einen eventuell freien anderen Arbeitsplatz zu erlangen. In diesem Zusammenhang ist auch der Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung zu beachten. Bietet sich also grundsätzlich auch die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz an, so ist dieser dem Arbeitnehmer vor Erklärung einer ordentlichen Beendigungskündigung anzubieten, sofern es sich nicht um eine völlig unterwertige Beschäftigung handelt. Wobei auch hier der Einzelfall entscheidend ist.
Handlungsbedarf – Was ist bei Erhalt einer Kündigung zu tun?
Die Komplexität der betriebsbedingten Kündigung und die Vielzahl der im Falle ihres Ausspruchs zu beachtenden Voraussetzungen und Wirksamkeitsanforderungen macht deutlich, dass es sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber stets ratsam ist, sich frühzeitig fachanwaltlich beraten zu lassen.
Im Falle des Erhalts einer Kündigung gilt es für Arbeitnehmer, stets unverzüglich zu handeln. Zu beachten ist in jedem Fall die gesetzliche Dreiwochenfrist für die Anrufung des Arbeitsgerichts gemäß § 4 Satz 1 KschG.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er (durch einen Anwalt) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Die Frist ist eine gesetzliche Notfrist und nicht verlängerbar. Wird diese in § 4 Satz 1 KSchG bestimmte Frist für die Erhebung der Klage versäumt, fingiert das Gesetz allein auf Grund dieses Fristablaufs die Kündigung als von als von Anfang an rechtswirksam (§ 7 KSchG).
Es empfiehlt sich daher in jedem Fall eine frühzeitige Überprüfung einer Kündigungserklärung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Wir sind für Sie da.
Mit insgesamt drei Fachanwälten für Arbeitsrecht bieten wir umfassende Beratung und Vertretung in sämtlichen arbeitsrechtlichen Bereichen und Fragestellungen an.
Dies gilt selbstverständlich auch für die rechtliche Vorbereitung von Kündigungserklärungen im Rahmen unternehmerischer Umstrukturierungsmaßnahmen oder zur Personalreduzierung.
Zur Abstimmung eines Ihnen passenden Termins stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.